Update Vergabe 16.10.2024

Absprachen bei Vergabeverfahren – Millionenstrafe für Müllkartell beantragt

Anfang September 2024 beantragte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) beim zuständigen Kartellgericht die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von rund sieben Millionen Euro gegen einen Unternehmer aus der Abfallwirtschaft. Wie sollten Auftraggeber:innen sich beim Verdacht einer Absprache verhalten?
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Hintergrund

Grund für die Verhängung der Geldbuße war die Teilnahme des Unternehmers an kartell-rechtswidrigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen in Bezug auf Ausschreibungen im Zeitraum von Juli 2002 bis März 2021. Die Kartellabsprachen zielten laut BWB darauf ab, Marktanteile zu sichern und sich gegenseitig Aufträge zuzuschieben – mit spürbaren Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Preise in ganz Österreich.

Nach ersten Verdachtsmomenten hatte die BWB im März 2021 umfangreiche Hausdurchsuchungen bei mehreren Unternehmer:innen der Branche durchgeführt. Der betroffene Unternehmer kooperierte daraufhin mit der BWB zur Aufklärung des Sachverhalts und legte vor dem Kartellgericht ein umfassendes Geständnis ab. Dank dieser Kooperation verlieh ihm die BWB den Kronzeugenstatus und beantragte die reduzierte Geldbuße auf die Höhe von rund sieben Millionen Euro.

Vergaberechtlicher Kontext

Hat ein öffentlicher Auftraggeber den begründeten Verdacht, dass sich ein Bieter kartellrechtswidrig verhalten hat, so hat er diesen gemäß § 78 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen. Ein Unternehmer kann den Ausschluss vom Vergabeverfahren jedoch durch seine „Selbstreinigung“ verhindern, also durch die Glaubhaftmachung seiner dennoch bestehenden Zuverlässigkeit (§ 83 Abs 1 BVergG 2018).

Was haben Auftraggeber:innen zur beachten, wenn gegen eine:n Bieter:in wettbewerbs- und/oder strafrechtliche Ermittlungen laufen?

Als öffentliche:r Auftraggeber:in ist besondere Sorgfalt geboten, wenn ein:e Bieter:in am Vergabeverfahren teilnimmt, gegen die:den straf- oder wettbewerbsrechtliche Ermittlungen laufen. Laufende Ermittlungen führen nicht automatisch zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren. Die:Der Auftraggeber:in darf diese jedoch nicht ignorieren. Eine Strafanzeige oder gerichtliche Entscheidung muss noch nicht vorliegen, um eine:n Bieter:in auszuschließen. Bereits ein kriminalpolizeilicher Abschlussbericht kann als Nachweis für eine schwere berufliche Verfehlung genügen. Auch ein umfassendes Anerkenntnis der Bieterin oder des Bieters gegenüber der BWB ist für den Ausschluss ausreichend.

Wichtig ist daher die konkrete Einzelfallprüfung: Die:der Auftraggeber:in muss prüfen, in welchem Umfang die:der Bieter:in in die Vorwürfe verwickelt ist. Gleichzeitig muss sie:er der:dem Bieter:in vor einem Ausschluss aus dem Vergabeverfahren die Möglichkeit geben, ihre:seine Zuverlässigkeit durch Selbstreinigungsmaßnahmen glaubhaft zu machen. Die:der Auftraggeber:in hat bei der Bewertung dieser Maßnahmen sowohl die Anzahl und Schwere der vorgeworfenen Verfehlungen als auch den aktuellen Ermittlungsstand zu berücksichtigen.

Praxistipp an Auftraggeber:innen

Werfen Sie im Rahmen der Prüfung der beruflichen Zuverlässigkeit der Bewerber:innen oder Bieter:innen nicht nur einen Blick auf die Entscheidungen des Kartellgerichts, sondern auch auf den News-Bereich der Bundeswettbewerbsbehörde.

Marianne Wechdorn

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